Die Dorfältesten erzählen den Kindern heute völkische Geschichten über diesen Platz der Reinheit, der Sagen und der Zusammenkunft.
Doch dann kam die Ziegelei. Bäume wurden gefällt und in den Öfen zum Backsteinbrennen verheizt, die lehmhaltige Erde der näheren Umgebung der Fonte da Guia wurde zum Tonbrennen abgetragn. Durch das Fehlen von Wurzeln zur Bodenhaftung kam die Erde nach und nach ins Rutschen – bis die Quelle schlieβlich völlig verschlammt war. Der Ort der Reinheit, Unberührtheit und Tradition war dem industriellen Druck des unnachhaltigen Profits nicht gewachsen, ein Sinnbild für die Entwicklung in Brasilien, dem Land, in dem immernoch jährlich tausende Quadratkilometer Regenwald abgeholzt werden – unter Anderem zum Stillen der Sojanachfrage auch aus Europa.
Irgendwann lohnte sich dann das Geschäft für die Ziegelbrennerei nicht mehr und der Abzug wurde angeordnet. Ein brachliegendes Stück Land lieβen sie freilich zurück.
Die Stiftung Terra Mirim, welche nahe am Ort des Geschehens liegt, nahm sich in den Folgejahren des Quellgebiets an. Es wurden Bäume gepflanzt, mit eigenen Händen der Lehm abgetragen.
Heute ist die Quelle wieder ein Ort der Freude, den nicht nur die Kinder der Ökologischen Schule Terra Mirims glücklich aufsuchen. Das Wasser ist wieder trinkbar und die Heilerde wird in schamanischen Reinigungsritualen verwendet.
Dies ist die Vorgeschichte zu den aktuellen Vorgängen um die Quelle. Die Menschen des Tals haben die Absicht, ein Umweltschutzgebiet im Bereich der Fonte da Guia einzurichten. Dazu müssen lokalpolitische Prozesse in Gang gesetzt werden, die, wie so oft in Bahia, langwierig und zäh sind. Das Schutzgebiet erstreckt sich über mehrere Teile von privaten Grundstücken, was die Angelegenheit zusätzlich erschwert. Ganz zu schweigen von den finanziellen Formalien, die bevorstehen.
Nach der Ankunft im Gemeinderat, auch Terra Mirim war gut vertreten, und aufrichtigsten Entschuldigungen der Lokalfunktionäre zum fehlerhaften Transportsystem, begann die öffentliche Sitzung, deren hauptsächliches Ziel es war, die Bevölkerung über das Vorhaben der Schaffung des Reservats aufzuklären.
Geneci Brás, der Chef eines lokalen Umweltschutzverbands, der das Vorhaben tatkräftig unterstürtzt, sowie Funktionäre Terra Mirims zeigten Videos, Powerpointpräsntationen zum Thema. Anschlieβend wurden Fragen in den Raum gestellt und diskutiert.
Das Interesse der Beteiligten war auffallend groβ, viele brachten ihre Meinung ein. Gelegentlich machte sich sogar laut Kritik an den Politikern bemerkbar. Allgemeine Untätigkeit wurde ihnen vorgeworfen, jedoch nicht, ohne auch kritisch mit sich selbst ins Gericht zu gehen: “Es hängt von uns allen ab, wie viele Bürger sich dieser Sache [dem Umweltschutz im Tal] widmen.” (Lucia Abreu).
Nur, wenn wirklich der allgemeine Willen zum nachhaltigen Schutz des eigenen Lebensraumes gegeben ist, kann etwas erreicht werden – das ist die Quintessenz, die man aus dieser gut dreistündigen Anhörung gewinnen konnte. Da fiel der eigentliche Auslöser, die Schaffung des Reservats, gar nicht all zu sehr ins Gewicht, denn alle sind zuversichtlich, dass sich dieses Thema in naher Zukunft positiv lösen wird. Der Wille ist spürbar vorhanden.
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