terça-feira, 18 de maio de 2010

Eine Frage des Willens

Die Quelle “Nossa Senhora da Guia” ist seit Generationen ein Ort der kulturellen Identifikation der umliegenden Dörfer des Vale do Itamboatá, indem sich auch die Stiftung Terra Mirim befindet.

Die Dorfältesten erzählen den Kindern heute völkische Geschichten über diesen Platz der Reinheit, der Sagen und der Zusammenkunft. Kranke tranken damals das Wasser der Quelle, um zu gesunden. Genauso raten die Dorfmediziner dazu, ein wenig der vom Wasser geschützten Heilerde zu essen – der Reichtum an Mineralien und anderen wichtigen Nährstoffen schien den Menschen neue Kräfte zu verleihen. Die Beisetzung von Toten aus den Dörfern wurde im Beisein von Wasser der Quelle vollzogen. Abgesehen von diesen Prozessionen diente die Quelle als gemeinschaftlicher Treffpunkt, um Neuigkeiten auszutauschen, andere Geschichten und Sagen zu erzählen – dabei diente er nicht zuletzt als Schnittstelle zwischen den Dörfern, da er mehr oder weniger in der Mitte des ca. zwölf Kilometer langen Tals liegt.

Doch dann kam die Ziegelei. Bäume wurden gefällt und in den Öfen zum Backsteinbrennen verheizt, die lehmhaltige Erde der näheren Umgebung der Fonte da Guia wurde zum Tonbrennen abgetragn. Durch das Fehlen von Wurzeln zur Bodenhaftung kam die Erde nach und nach ins Rutschen – bis die Quelle schlieβlich völlig verschlammt war. Der Ort der Reinheit, Unberührtheit und Tradition war dem industriellen Druck des unnachhaltigen Profits nicht gewachsen, ein Sinnbild für die Entwicklung in Brasilien, dem Land, in dem immernoch jährlich tausende Quadratkilometer Regenwald abgeholzt werden – unter Anderem zum Stillen der Sojanachfrage auch aus Europa.

Irgendwann lohnte sich dann das Geschäft für die Ziegelbrennerei nicht mehr und der Abzug wurde angeordnet. Ein brachliegendes Stück Land lieβen sie freilich zurück.
Die Stiftung Terra Mirim, welche nahe am Ort des Geschehens liegt, nahm sich in den Folgejahren des Quellgebiets an. Es wurden Bäume gepflanzt, mit eigenen Händen der Lehm abgetragen.

Heute ist die Quelle wieder ein Ort der Freude, den nicht nur die Kinder der Ökologischen Schule Terra Mirims glücklich aufsuchen. Das Wasser ist wieder trinkbar und die Heilerde wird in schamanischen Reinigungsritualen verwendet.

Dies ist die Vorgeschichte zu den aktuellen Vorgängen um die Quelle. Die Menschen des Tals haben die Absicht, ein Umweltschutzgebiet im Bereich der Fonte da Guia einzurichten. Dazu müssen lokalpolitische Prozesse in Gang gesetzt werden, die, wie so oft in Bahia, langwierig und zäh sind. Das Schutzgebiet erstreckt sich über mehrere Teile von privaten Grundstücken, was die Angelegenheit zusätzlich erschwert. Ganz zu schweigen von den finanziellen Formalien, die bevorstehen. Aus diesen Gründen fand vor etwa drei Wochen eine öffentliche Anhörung im Gemeinderat von Simões Filho statt, die sich diesem Thema widmen sollte. Ein kostenloser Bustransport wurde durch den Gemeinderat verfügbar gemacht, der – zuverlässig mit anderthalb Stunden (!) Verspätung – die zahlreichen Menschen aus den Dörfern der Umgebung in die Innenstadt fuhr.

Nach der Ankunft im Gemeinderat, auch Terra Mirim war gut vertreten, und aufrichtigsten Entschuldigungen der Lokalfunktionäre zum fehlerhaften Transportsystem, begann die öffentliche Sitzung, deren hauptsächliches Ziel es war, die Bevölkerung über das Vorhaben der Schaffung des Reservats aufzuklären.
Geneci Brás, der Chef eines lokalen Umweltschutzverbands, der das Vorhaben tatkräftig unterstürtzt, sowie Funktionäre Terra Mirims zeigten Videos, Powerpointpräsntationen zum Thema. Anschlieβend wurden Fragen in den Raum gestellt und diskutiert. Senhor Manuel, einer der ältesten Kenner der Region, erzählte über den ökologischen Wandel, der sich seit Jahren im Vale do Itamboatá vollzieht – vor allem in Bezug auf die Problematik des Wassers. Bäche, in denen früher gebadet, gewaschen und gefischt wurde, sind heute völlig verdreckt durch ungeklärte Abwässer und den unachtsam hineingeworfenen Müll. Verstärkt wird diese Entwicklung vor allem durch den merklich zunehmenden Siedlungsdruck, der in der Gegend einsetzt. Der Ausbau des sanitären Systems, ein geordnetes strukturelles Wachstum der Regio, kann nicht mit der hohen Geburten –und Zuwachsrate Schritt halten und hieraus ergeben sich nun besonders hohe Anforderungen an den Umweltschutz.

Das Interesse der Beteiligten war auffallend groβ, viele brachten ihre Meinung ein. Gelegentlich machte sich sogar laut Kritik an den Politikern bemerkbar. Allgemeine Untätigkeit wurde ihnen vorgeworfen, jedoch nicht, ohne auch kritisch mit sich selbst ins Gericht zu gehen: “Es hängt von uns allen ab, wie viele Bürger sich dieser Sache [dem Umweltschutz im Tal] widmen.” (Lucia Abreu).

Nur, wenn wirklich der allgemeine Willen zum nachhaltigen Schutz des eigenen Lebensraumes gegeben ist, kann etwas erreicht werden – das ist die Quintessenz, die man aus dieser gut dreistündigen Anhörung gewinnen konnte. Da fiel der eigentliche Auslöser, die Schaffung des Reservats, gar nicht all zu sehr ins Gewicht, denn alle sind zuversichtlich, dass sich dieses Thema in naher Zukunft positiv lösen wird. Der Wille ist spürbar vorhanden.

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